F i s t e r r a
Fisterra im Licht der Morgensonne.
Am Tag meiner
Ankunft in Santiago de Compostela erkundigte ich mich gleich im Reisebüro
nach einer Busverbindung nach Cabo Fisterra. Am nächsten Morgen kurz nach
sieben stand ich an der Haltestelle der Buslinie 10 an der Praza de Galicia, um
zur Estación de Autobuses zu fahren, wo um 8.15 Uhr der Arriva Bus nach
Fisterra starten sollte. In der Nacht hatte ich schlecht geschlafen, mein
lädiertes und dick angeschwollenes Knie schmerzte, dazu Fieber,
Kreislaufprobleme, heftiger Schüttelfrost und Übelkeit. Doch einen
tapferen Pilgersmann durfte das nicht anfechten. Hatte ich doch mit einer Email
neben dem guten Rat, einen chubasquero nicht zu vergessen - was sich im
Wolkenbruch vor Monte do Gozo als sehr nützlich erwies - auch den Hinweis
erhalten, nicht zu versäumen, nach Santiago auch Cabo Fisterra zu
besuchen, als postre nach einer guten comida! Auch ging es heute nicht zu
Fuß sondern mit dem Bus ans Meer, wo früher die Pilger, als Nachweis
ihrer Fahrt nach Santiago, Muschelschalen der Jacobsmuschel gesammelt hatten.
Das war noch einmal eine ordentliche Etappe, denn zwei Stunden dauerte schon
die Busfahrt. An der Haltestelle traf ich eine Gruppe Kanadier, die schon von
Roncesvalles über den Camino gegangen waren, so verlief die lange Busfahrt
mit Gesprächen, und Blicken auf Land und Leute recht kurzweilig. Ins Auge
fielen die für die Küstenregion typischen Hórreos,
Getreidespeicher, die auf sechs oder acht kurzen Säulen stehen, im
Gegensatz zu dem an einen Sarkophag erinnernden Unterbau der Hórreos des
galicischen Berglandes. In Fisterra angekommen, tranken wir in einer Bar noch
einen Café zusammen, verloren uns dann aber aus den Augen.
Der kleine Hafen von Fisterra.
Tintenfisch aus dem Ría, wie die fjordähnlichen Buchten
und Trichtermündungen der galicischen Küste genannt werden.
Das Denkmal erinnert an die vielen Auswanderer Galiciens in aller
Welt.
LEVA
O
NOSO
AMOR
OS
GALEGOS
ESPALLADOS
POLO
MUNDO
KÜNDE
VON
UNSERER
LIEBE
UNSEREN
GALICIERN
VERSTREUT
IN
DER
WELT
Galicien,
autonome Region im Nordwesten Spaniens mit den Provinzen Pontevedra, La
Coruña, Lugo und Orense, ist die spanische Region, mit der höchsten
Auswandererquote. Man sagt, dass die Zahl der galicischen Nachfahren in einigen
Großstädten Lateinamerikas, die Einwohnerzahl (knapp 3 Millionen)
dieses dünnbesiedelten Landes mit überwiegend kleinbäuerlicher
Landwirtschaft im von der Landflucht gezeichneten Binnenland bei weitem
übersteigt. Der lange (1200 km) Küstenstreifen ist dagegen dicht
besiedelt und stark industrialisiert.
Am Hafen vorbei, wo nur einige Restaurants, vor allem
für Touristen liegen, kommt man in den kleinen Ort Fisterra, in dem an
allen Ecken und Enden fleißig gebaut und gearbeitet wird, um den
Anforderungen der nächsten Saison gerecht zu werden. Die Gebäude des
Ortes schmiegen sich an eine Erhebung oberhalb der historischen Festung, kleine
gemütliche Gassen mit Bars, Restaurants und Geschäften. Bis zum 'Ende
der Welt', dem Cabo Fisterra, nachdem man zum Ausichtspunkt auf einer Klippe
hinaufgestiegen ist, sind es noch etwa drei Kilometer. Mit meinem
lädierten Knie habe ich es mir geschenkt, das Kap und seinen Leuchtturm
aufzusuchen - und nicht weil einige Leute, die alles noch genauer wissen,
behaupten, das Cabo Touriñan sei der westlichste Punkt Spaniens!
Hay Sardinada.
Eine der alte Festungen zur Verteidigung der langen und oft
angegriffenen galicischen Küste.
Ob die Pilger früherer Zeiten hier auch die
Schalen der Jakobsmuschel (concha) gesammelt haben, zum Beweis ihrer
Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela? Eine andere Legende berichtet wie ein
Pilger zu Pferde, von räuberischem Gesindel verfolgt, in seiner Not in
einen der zahlreichen Fluß- und Meeresarme der Küste Galiciens
reitend, über und über mit Muscheln bedeckt wieder herauskam und
gerettet war.
Der Weg führt an dem von Carlos ? erbauten Castell vorbei.
Ein Cruzeiro vor dem alten Castell.
Auf der Klippe das Maß aller Dinge?
Felsen und Rias.
Trotz der Schönheit der galicischen Berge - das Meer, das Meer
ist meine Wahl !
Im Gegenlicht glitzert das Wasser wie ein Seeräuberschatz.
Ein kleiner Klatscher, wie mag es hier bei den Winterstürmen
aussehen!
Dem Spiel von Wolken, Wind und Wellen kann man lange zusehen.
Auf dem Rückweg suchte ich mir ein schönes
Restaurant, um mich auf der Terrasse mit dem Blick auf das Meer und dem Geruch
der Weite, den der Windhauch des Ozeans herantrug - und den ich auf den Wegen
in Fisterra mit dem Wind im Gesicht schon mit allen Poren aufgenommen hatte, in
aller Ruhe vor der Abfahrt des Busses nach Santiago zu meiner Comida
niederzusetzen. Es gab Rapa a galego, vino blanco, postre y café und
eine nette Bedienung - meine 'cincuenta palabras' konnten wieder in allerlei
Kombinationen zusammengestellt werden!
Heimkehrendes Boot.
Tiefgestaffelte Wolkenriffe lenken den Blick weit in die
Ferne.
Eine ferne Insel.
Fort und Mole.
Das Meer als Spiegel des verdunkelten Himmels.
Gespräch unter (galicischen) Männern.
Die Wolken lassen das Sonnenlicht in einem wechselvollen Spiel auf
Meer und Landschaft fallen.
Der Cruzeiro mit Licht und Schatten!
Von der Bastion ein Blick auf weiße Gischt und blaues Meer.
Karges Leben auf der Mauerkrone!
Blick durch eine schmale Schießscharte auf den Cruzeiro.
Ein Blick zurück.
Rauhes Meer und südliche Palmen.
Grau in grau!
Die Pindirucho wird klargemacht, eine Nußschale in den Wellen
des Atlantik!
Die Ausbeute eines Fischerbootes wird an Land gebracht.
Extra für die Kamera.
Der belebte Fischerhafen von Fisterra.
Als ich diese Bilder machte, war
die Welt an der galicischen Küste noch einigermaßen in Ordnung. Was
dann aber mit den Herbststürmen an Unglück und Leid über das
schon geplagte Land hereinbrach, ist mit Worten kaum zu beschreiben. Als
hätte die Hölle ihre Pforten geöffnet und mit Schwefelgestank
und glibbrigen Auswurf Strand und Meeresarme bedeckt, so quoll es aus dem
geborstenen Leib eines der maroden Tanker, die Habgier und abgrundtiefe
Verantwortungslosigkeit noch immer die Meere befahren lassen. Dabei ist es
nicht das erste Mal, dass solch ein Unglück sich vor der galicischen
Küste abspielt.
Das Leid trägt immer der Einzelne, jeder für
sich allein. Wenn ich an all die Gespräche denke, die ich in Fisterra, so
gut es mit meinem Spanisch ging, mit den Einheimischen führte: beim Kauf
von Conchas, auf der Klippe, im Restaurant mit den leckeren Fisch-Comidas, im
Hafen beim Anlanden des Fangs, an all die Gesichter denke, Menschen - keine
Zeitungs- und Fernsehbilder oder Nachrichtenzeilen, so kann mich eigentlich nur
die kalte Wut packen, den Ausbeutern, den Schiffseignern des Tankers, den
stinkenden schwefligen Glibber ins gierige Maul zurückzustopfen!
Natürlich habe ich Geld gespendet und mir überlegt, wie man
zusätzlich helfen kann. Aber statt meinen Zorn zu zügeln, sähe
ich lieber Santiago Matamoros - auf seinem Schimmel, weiß wie
Schaumkronen - mit erhobenem und blitzendem Schwert sein Land von dieser Pest
befreien!
Una campaña de
www.fillos.org (
Fillos de Galicia):
O petroleiro
Prestige afúndese en fronte a Galicia e contamina máis
de 900 Km da costa galega, máis de 100 praias, deixa sen traballo a
centos de familias, con 70.000 Tm de fuel contaminando mar e terra..
Campaña para
recaudar
fondos para los pescadores gallegos afectados por la
marea
negra.
Eine Kampagne von
www.fillos.org (
Soehne (Kinder) Galiciens):
Der Öltanker
Prestige verunglückte vor Galicien und verseuchte mehr als 900 Km
der galicischen Küste, mehr als 100 Strände, an denen hunderte von
Familien ohne Arbeit sind, mit 70.000 Tm Treibstoff Meer und Erde vergiftend..
Kampagne und
Spendenaufruf
für die galicischen Fischer, die von der
Ölpest
betroffen sind.
©Texte und Bilder: Folker Wagner Mummenthey